Referenzen, die für sich sprechen

Neue Residenz Bamberg

Ein Meisterwerk der Restaurierung

 

Lothar Franz von Schönborn verwirklichte um 1700 seine Vorstellung von einem Repräsentationsgebäude, das seinem Rang als Kurfürst und Fürstbischof des Heiligen Römischen Reichs entsprach: Die Neue Residenz Bamberg.

Für den Kaiser war eine Gastwohnung mit dem berühmten Kaisersaal und den Kaiserzimmern vorgesehen, die auf das Prächtigste ausgestattet wurde. Diese Räume, die nicht unmittelbar vom 2. Weltkrieg betroffen waren, wurden zu Beginn das 21. Jahrhunderts behutsam konserviert und restauriert.

Die einzigartigen Sitzmöbel für den Kaiser waren über die Jahrhunderte erhalten geblieben. Aber der edle Goldbrokat-Bezug war stark beschädigt und man beauftragte mich mit der originalgetreuen Rekonstruktion. Für das Projekt standen allerdings nur wenige Monate zur Verfügung.

Unter großem Zeitdruck mussten zunächst die Ausgangsmaterialien geschaffen werden. Standardgarne waren für diesen echten Brokat nicht zu verwenden. In einer Sonderanfertigung wurde ein reinsilberner Faden um einen Seidenfaden gesponnen, um dann dieses Gespinst in einem galvanischen Prozess zu vergolden.

Parallel wurden über eine genaue Analyse die Bindungen der erhaltenen Stofffragmente und das Originalmuster fadengetreu ausgearbeitet. Auch der ursprüngliche Geweberapport wurde so rekonstruiert.

Wertvolle Rückschlüsse über die originale Farbigkeit der Stoffe ermöglichte ein kleines Musterfragment, das über die Jahrhunderte verdeckt war. Anhand dieser Farbvorgaben wurden auch die übrigen Garne speziell gefärbt.

Vor allem für die absolut detailgetreue Musterausarbeitung ist dieser einzigartige Goldbrokat ein herausragendes Beispiel.

Neues Schloss Bayreuth

Kunstvolle Wandbespannung: der Seidendamast "Spitzenbandmuster" für die Große Gemäldegalerie

Im Jahr 1753 wurde unter der Leitung des Bayreuther Hofarchitekten Joseph Saint-Pierre das Neue Schloss Bayreuth für den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth errichtet. Dies geschah nachdem die vorherige Residenz durch einen Brand stark beschädigt worden war. Markgräfin Wilhelmine, die Schwester von Friedrich dem Großen, hatte einen maßgeblichen Einfluss auf das Design und entwarf selbst das Spiegelscherbenkabinett und das Alte Musikzimmer mit Pastellbildnissen.

Ein herausragendes Merkmal des Schlosses ist die Wandbespannung aus Seidendamast "Spitzenbandmuster" in der Großen Gemäldegalerie. Dieses Muster war im 18. Jahrhundert weit verbreitet und schmückte viele Adelsresidenzen. Das spezielle Design, das im Neuen Schloss Bayreuth verarbeitet wurde, konnte dank eines erhaltenen Originals, einschließlich aller technischen Details, rekonstruiert werden.

Ein besonderes Augenmerk galt hier der Farbgebung. Der Stoff wies leichte Streifen auf, die dem Raum jedoch zu einer besonderen Tiefe verhalfen. Diese Streifen waren nicht regelmäßig im Muster zu finden. Umfangreiche Untersuchungen ergaben, dass das Garn die Ursache war, da seine Färbung variabel war. Die Rekonstruktion erforderte eine alte Färbetechnik: das seidene Kettgarn wurde in einer historischen Stranggarnfärbung, dem sogenannten Jaspé-Verfahren gefärbt, bei dem das Garn in verschiedenen Tauchgängen im Farbbottich, mit unterschiedlicher Farbintensität, beaufschlagt wird.

Das Garn wurde auf einem traditionellen Schützen-Webstuhl in der historischen Webbreite von 54 cm gewebt. Das Ergebnis war ein lebendiges und einzigartiges Muster, das diesen Raum wieder zu inspirierendem Leben erweckte.

Für die fast 30 Meter lange Wand wurden 52 Gewebebahnen von je 54 cm Breite präzise zusammengenäht. Bei dieser Arbeit war höchste Präzision gefordert: Die Nähte mussten fest und unsichtbar sein, und es durften keine Falten entstehen. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes handwerkliches Meisterwerk, das die Geschichte und den Charme des Neuen Schlosses Bayreuth widerspiegelt.

 

Rekonstruktion eines Seidendamasts für das Wohnzimmer der Markgräfin

Seidendamast „Spitzenband“ in der Großen Gemäldegalerie

Rekonstruktion des Seidengewebes für das „Salet“

Schlosspark Nymphenburg

Die kunstvolle Rekonstruktion des handgewebten Velours Ciselé Lamé für die Pagodenburg

 

Der Nymphenburger Schlosspark, zusammen mit Schloss Nymphenburg und seinen beeindruckenden "Parkburgen", zählt zu den prächtigsten Gartenkunstwerken in Deutschland. Diese Parkburgen sind nicht nur dekorative Elemente, sondern echte architektonische Juwele mit luxuriösen Innenräumen. Eines davon ist die Pagodenburg, ein Lustschlösschen, das zwischen 1716 und 1719 erbaut wurde.

Ein besonderes Highlight in der Pagodenburg ist der Ruheraum im ersten Obergeschoss. Dieser Raum wurde 1717 mit einem exquisiten Genueser Samtbrokat verziert, einem fünffarbigen Velours Ciselé, durchzogen von funkelnden Silberlaméfäden. Diese atemberaubende Kostbarkeit hebt sich nicht nur als eines der beeindruckendsten Stücke der Pagodenburg hervor, sondern stellt auch in ganz Europa eine Seltenheit dar. Vergleichbare Seidensamte im Original können in Lyon und Warschau bewundert werden.

Jedoch hatte der Zahn der Zeit an diesem prächtigen Samt genagt. Nach fast drei Jahrhunderten war er durch unsachgemäße Reparaturen, Sonneneinstrahlung und klimatische Einflüsse stark beschädigt und konnte nicht mehr präsentiert werden. Glücklicherweise diente dieser kostbare Originalstoff als perfekte Vorlage für eine sorgfältige und originalgetreue Rekonstruktion.

Mit großer Sorgfalt analysierten wir jedes Detail des Originals, um die genauen Materialien für die Neuanfertigung zu bestimmen. Nur ein intensiver Prozess ermöglichte es, die ursprüngliche Farbgebung zu identifizieren und auf die neuen Materialien zu übertragen.

Die Neuanfertigung dieses prächtigen Stoffs erfolgte auf einem historischen Handwebstuhl, der speziell für diesen Auftrag eingerichtet wurde. Mit einer Tagesproduktion von etwa 30 cm wurde der Stoff in akribischer Handarbeit gewebt.

Das Ergebnis unserer Arbeit ist ein Stoff, der in Farbe, Struktur und Fadenanzahl genau dem Original aus dem Jahr 1717 entspricht. Es ist ein Zeugnis unserer Leidenschaft für das Handwerk und die Bewahrung des kulturellen Erbes.

Wandbehang „Velours Ciselé Lamé“ im Ruheraum

Detailfoto von der Handwebung des ciselierten Seidenvelours

Neues Palais Potsdam

Textile Kostbarkeiten aus Gold für das Tressen-, Speise- und Konzertzimmer

 

1763, nach dem Siebenjährigen Krieg, ließ Friedrich der Große das Neue Palais in Potsdam errichten. Dieses majestätische Schloss, mit seinen opulenten Räumen, sollte die Macht und den Reichtum Preußens demonstrieren.

2012, im Jahr des 300. Geburtstags Friedrichs des Großen, stand Potsdam im Rampenlicht. Ein Höhepunkt war die Dauerausstellung „Friederisiko“ im Neuen Palais. Im Zuge dieser Feierlichkeiten beauftragte uns die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg verlorene textile Kunstwerke des Schlosses zu rekonstruieren.

Unsere Aufgabe war nicht nur die Rekonstruktion des Goldbrokats „Droguet“ für das Speisezimmer, sondern auch die Anfertigung einer prächtigen handgewebten Goldtresse und kunstvoll gestalteter Posamenten für das Tressenzimmer. Dazu gehörten 8 Raffhalter mit Goldquasten und eine Borte mit handgedrehten Goldfransen. Für die Goldquasten allein mussten wir 11 verschiedene Materialien aus Reinsilber 990/0/0 mit 10 Gramm Goldauflage nachbilden.

Die Herstellung der Goldborte erforderte die Rekonstruktion von fünf verschiedenen Goldgarnen, ebenfalls aus 990er-Silber mit 10 g Goldüberzug. Für die originalgetreue Handwebung dieser Goldtresse gab es europaweit nur noch einen einzigen Webstuhl aus dem 18. Jahrhundert, der die technischen Voraussetzungen besaß, diese feinen Goldfäden zu verarbeiten. Bei einer Webbreite von 7 Zentimetern entstanden mit höchster Konzentration und handwerklichen Geschick ungefähr zehn Zentimeter Goldborte pro Tag.

Die Kostbarkeit des Materials und vor allem die aufwendige künstlerische Tätigkeit des Webers zeigen den Stellenwert, den diese textilen Kostbarkeiten damals beanspruchten. Die textilen Elemente einer Raumausstattung entsprachen zur Zeit Friedrichs des Großen ca. drei Viertel der Gesamtkosten eines Raumes.

Fensterdekoration aus Goldbrokat „Droguet“, goldene Stengelfransen und Raffhalter mit Goldquatsen

Fensterdekoration mit der 7 cm breiten Goldborte, goldene Stengelfransen und Goldquatsen

Schloss Rheinsberg

Die kunstvolle Wiederbelebung der Seidentapete in der Paradeschlafkammer von Prinz Heinrich von Preußen

 

Prinz Heinrich von Preußen, Friedrich des II.  jüngerer Bruder, etablierte auf Schloss Rheinsberg einen renommierten Musenhof und gestaltete sowohl Schloss als auch Garten im Stil des frühen Klassizismus. Die Paradeschlafkammer des Prinzen steht exemplarisch für die späte Designphase von Schloss Rheinsberg.

Ein besonderes Merkmal dieser Kammer war die textile Wandbespannung, die in einem Inventar von 1802 als "hellblau, gelb und weiße Satinade" beschrieben wurde. Leider ging diese kostbare Seidentapete nach 1945 verloren. Unsere Aufgabe, im Auftrag der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, war es, diese Tapete, den Baldachinvorhang und weitere textile Elemente originalgetreu zu rekonstruieren.

Ein unschätzbares Hilfsmittel war ein kleines erhaltenes Gewebefragment, das uns wertvolle Einblicke in die ursprüngliche Farbgebung und die textiltechnischen Parameter gab. Dieses Fragment war unter einer Holzleiste verborgen und somit vor Zerstörung verschont geblieben.

Die Rekonstruktion des Musters war eine besondere Herausforderung. Neben dem kleinen Originalbefund standen uns lediglich alte Schwarz-Weiß-Fotos der ursprünglichen Raumausstattung zur Verfügung. Durch genaue Analyse und den Abgleich der tatsächlichen Raumsituation mit einem entzerrten Messbild des Raumes konnten wir ein genaues Musterbild erstellen.

Auf Basis dieses Musterbildes entstand dann eine handgezeichnete Musterzeichnung, die bis ins kleinste Detail abgestimmt wurde.

Ein speziell umgerüsteter Webstuhl, der zuvor fast vierzig Jahre für die Herstellung von Krawattenstoffe verwendet wurde, kam für die Herstellung des Seidenlampas zum Einsatz. Dies ermöglichte die authentische Verarbeitung der feinen Seidenfäden, um die ursprüngliche Pracht und Feinheit des Stoffes wiederherzustellen. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes Zeugnis handwerklicher Kunst und der Liebe zum Detail.

Wandbespannung und Stuhlbezüge aus Seidenlampas

Das rekonstruierte Paradebett von Prinz Heinrich von Preußen

Residenz Würzburg

Die Renaissance der Toskana-Möbel durch einen Seidenlampas

 

Die Würzburger Residenz, ein Meisterwerk von Balthasar Neumann, vereint die Talente einiger der größten Dekorationskünstler des 18. Jahrhunderts. Darunter das "ornamentale Genie" Antonio Bossi, die meisterhaften Bildhauer Johann Wolfgang van der Auvera und Georg Adam Guthmann sowie der herausragende Freskenmaler Giovanni Battista Tiepolo.

In dieses beeindruckende Ensemble des »Würzburger Rokoko«, der lebhaftesten deutschen Variante dieses Stils, zog 1806 der Habsburger Ferdinand III. von Toskana ein. Nachdem er von französischen Truppen aus der Toskana vertrieben wurde, erhielt er Würzburg als vorübergehendes Herrschaftsgebiet.

Während seines Aufenthalts in der Residenz ließ Ferdinand III. von Toskana drei Appartements im modernen Empire-Stil für sich und seine Familie gestalten. Leider wurden viele dieser prächtigen Einrichtungen beim Residenzbrand 1945 zerstört. Einige Sitzmöbel konnten jedoch, wenn auch beschädigt, gerettet werden.

Ein glücklicher Zufall führte mich während einer Archivrecherche zu den Originalvorlagen der Polsterstoffe dieser besonderen Toskana-Möbel. Dieses Archiv enthielt detaillierte Gewebevorlagen für die Möbel, Wandbespannungen, Fensterdekorationen und Schmuckposamenten, alles originalgetreu und farblich bemustert. Einige komplette Stoffbahnen waren sogar noch intakt.

Nachdem ich diesen bemerkenswerten Fund präsentiert habe, entschied die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, die geretteten Möbelstücke zu restaurieren. Ich erhielt den Auftrag, die Stoffe originalgetreu zu rekonstruieren. Ein Projekt, das die Pracht und Eleganz der Toskana-Möbel in der Würzburger Residenz wieder zum Leben erweckte.

Die Produktion des Empiredesigns für die Toskana-Möbel

Schloss Charlottenburg Berlin

Die kunstvolle Wiederherstellung des "Zitz-Zimmers"

 

Der Raum, ursprünglich mit exotischem Zitz (bemaltes oder bedrucktes Baumwoll- oder Leinengewebe aus Indien) von König Friedrich Wilhelm II. und seiner Modeberaterin Gräfin von Lichtenau geschmückt, bot dem König im kalten Winter eine blühende, sommerliche Oase. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, standen wir vor der Herausforderung, die handbemalte Wandbespannung für das Luisen-Jahr 2010 wiederherzustellen. Interessanterweise wurden die drei gleichen Gewebe der Winterkammern in Schloss Charlottenburg im Palazzo Cinese in Palermo entdeckt, was darauf hinweist, dass diese besondere Art von Textilkunst in ganz Europa verbreitet war. Dies war nicht nur eine spannende Entdeckung, sondern wir konnten aufgrund dieses Fundes die ursprüngliche Farbenpracht nach sorgfältiger Analyse rekonstruieren.

Das Ergebnis: nach über 900 Arbeitsstunden allein für die Ausarbeitung des Musters und einer internationalen textilen Kooperation, bei der das Leinen in Italien gewebt, in Krefeld gechinzt (geglättet) und in Österreich mit 34 Flachdruck-Schablonen kunstvoll bedruckt wurde, konnte das wiederhergestellte Zitz-Zimmer in neuem Glanz erstrahlen.

 

 

Die Rekonstruktion historischer Stoffe ist eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft, Kunst und Handwerk. Jeder Stoff erzählt eine Geschichte – eine Geschichte von Menschen, Kulturen, Handwerken und Zeiten, die längst vergangen sind. Indem wir diese Stoffe wiederherstellen, tragen wir dazu bei, diese Geschichten am Leben zu erhalten und uns an die Schönheit und das Können unserer Vorfahren zu erinnern und an diesen zu erfreuen. Der Stoff des Zitz-Zimmers im Schloss Charlottenburg ist nur eine dieser vielen Geschichten und ihm folgten viele weitere wundervolle Projekte.

Raumsituation Zitz-Zimmer vor dem II. Weltkrieg